Zwischen Zella-Mehlis, Suhl und Rohr müssen sich die Bahnreisenden ab 4. Juni erneut vier Monate auf Veränderungen im Zugverkehr einstellen.
„Grund ist die viermonatige Vollsperrung der Bahnstrecke im Zuge der Realisierung eines der wichtigsten Vorhaben der Deutschen Bahn in Thüringen: Der Neigetechnik-Ausbau der fast 200 Kilometer langen Strecke Erfurt–Würzburg“, sagt Uwe Krüger, Leiter des Regionalnetzes Südthüringen bei der DB Netz AG. Bereits vom 24. März bis 5. Mai wurde der für den Zugverkehr gesperrte Abschnitt Oberhof–Zella-Mehlis modernisiert. Nun wird vom 4. Juni bis 7. Oktober der Abschnitt Zella-Mehlis–Suhl–Rohr gesperrt. Während dieser Zeiten fallen hier alle Nahverkehrszüge aus und werden zwischen Zella-Mehlis und Ritschenhausen durch Busse ersetzt.
Der 88 Kilometer lange Thüringer Teil der Streckenmodernisierung zwischen Erfurt und Würzburg umfasst den Ausbau der Strecke von Neudietendorf bis Ritschenhausen und weiterführend im Verlauf die Strecke Meiningen–Schweinfurt bis zur Landesgrenze zwischen Thüringen und Bayern. Die Gesamtinvestition von Bund und Bahn betragen etwa 185 Millionen Euro.
Im Jahr 2005 konnte nach zweieinhalbjährigen Bauarbeiten bereits der erste rund 42 Kilometer lange Projektabschnitt Neudietendorf–Oberhof in Betrieb genommen werden. Hier erfolgte neben dem Umbau der Strecke, der Bahnhöfe und des Brandleitetunnels auch die Ausrüstung von 14 Bahnübergangsanlagen. Seit September vergangenen Jahres wird das Projekt nun mit dem Ausbau auf den 46 Kilometern von Oberhof bis zur Landesgrenze Thüringen weitergeführt. Die gesamten Baumaßnahmen zwischen Oberhof und der Landesgrenze sollen Ende 2008 abgeschlossen sein.
Bis Anfang Dezember dauert die Umgestaltung des Bahnhofs Grimmenthal. Hier wird u. a. die Gleisanordnung angepasst und werden die Reiseverkehrsanlagen modernisiert. Neue bzw. sanierte Bahnsteige, neue Ausrüstungen und Zugänge verbessern den Komfort für die Reisenden. Gleiches geschieht in den Bahnhöfen und Haltepunkten Suhl-Heinrichs, Dietzhausen, Rohr, Ritschenhausen, Wölfershausen und Bibra.
Auf der freien Strecke sind umfangreiche Arbeiten an den Gleisanlagen, teilweise mit neuem schichtweisen Aufbau des Bahnkörpers, notwendig. Insgesamt 13 Bahnbrücken müssen saniert, angepasst oder neu gebaut werden. Diverse Hänge werden gesichert oder durch die Sanierung von Stützbauwerken stabilisiert.
Vorgesehen ist der durchgängige Einsatz von Neigetechnik-Zügen in der Relation Erfurt–Schweinfurt–Würzburg. Neigetechnik-Züge ermöglichen eine höhere Geschwindigkeit in Gleisbögen, da sich das Fahrzeug bogenabhängig neigt und damit die Fliehkräfte ausgeglichen werden. So können in der vorhandenen Gleislage Geschwindigkeit bis zu 160 km/h gefahren werden.
Eine sichere und wirtschaftliche Betriebsführung wird durch die Ausrüstung mit modernster elektronischer Stellwerkstechnik ermöglicht. Weichen und Signale werden von einer Zentrale in Arnstadt gesteuert. Diese Technik beinhaltet auch die Ausstattung der Bahnübergänge mit zuggesteuerten Sicherungsanlagen, die zu einer spürbaren Verkürzung der Schließzeiten und damit auch zu einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse auf den kreuzenden Straßen führen.
Effekte sind Reisezeitverkürzungen und verbesserte Anschlussbeziehungen nach Abschluss der Bauarbeiten Ende 2008. Beispielsweise wird man zwischen Erfurt und Grimmenthal mit einer Stunde künftig 20 Minuten weniger unterwegs sein. Dieses attraktive Angebot wird die Wettbewerbsfähigkeit des schienengebundenen Nahverkehrs zur parallel verlaufenden Autobahn A71/A73 Erfurt–Schweinfurt/Bamberg erhöhen.
Der vorhandene Zwei-Stunden-Takt der Regional-Express (RE)-Züge Erfurt–Würzburg soll teilweise mit einem Zwei-Stunden-Takt des RE Erfurt–Meiningen überlagert werden, so dass die Züge zwischen Erfurt und Grimmenthal in den Hauptverkehrszeiten stündlich fahren. Ein Zwei-Stunden-Takt auf der von der Süd Thüringen Bahn betriebenen Linie Erfurt–Meiningen ergänzt den Taktverkehr im Abschnitt Erfurt–Grimmenthal.
Das gesamte Vorhaben wird, neben einem erheblichen Eigenanteil der Deutschen Bahn AG, im Wesentlichen aus den Bundesmitteln finanziert, die gemäß Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) für den Ausbau der Infrastruktur des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung gestellt werden. Die Länder wirken bei der Entscheidung über den Einsatz dieser Mittel mit. Der Freistaat Thüringen hatte nach dem Ausbau der Relation Gotha–Leinefelde die länderübergreifende Verbindung Erfurt–Würzburg auf die Agenda gesetzt, deren letzte Bauetappe nunmehr in Angriff genommen wird.