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Spanien im Winter: Olivenernte in Jaén

01 Nov 2010 [10:31h]    

Spanien im Winter: Olivenernte in Jaén

Spanien im Winter: Olivenernte in Jaén





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Spanien ist auch im Winter in vielfacher Hinsicht eine – oder gar mehrere – Reise(n) wert. Noch deutlich weniger bekannt als die wohligen Temperaturen auf den Kanaren oder Shoppingtouren in spanische Metropolen ist gerade im Dezember die Region Jaén in der andalusischen Provinz. Sie hat Interessantes zu bieten für Individualisten, Kulturfans und Gesundheitsbewußte.

Jaén ist die größte Olivenregion weltweit. Wer einmal in dieser Provinz war, weiß was das bedeutet und auch, was man aus Oliven alles machen kann. Im Winter fängt hier ein Aktionismus an, den wohl nur wenige Spanientouristen erwarten.

 Anfang Dezember feiern die Menschen ein Fest zur Ehre der Olive.  Etwa 80 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktivität haben hier auf die eine oder andere Weise mit den Oliven zu tun.

In der Provinz Jaén werden in zahlreichen Olivenfabriken die wahrscheinlich größten Mengen an Olivenöl weltweit produziert.  Oliven sind ein facettenreiches und faszinierendes Produkt der Natur. Nicht nur das Öl an sich ist wegen seiner gebundenen Fettsäuren und anderer Inhaltsstoffe überaus gesund und findet deshalb auch in Mittel- und Nordeuropa mittlerweile erheblichen Zuspruch.

Aus Oliven lassen sich auch Seife, Shampoo, Cremes und zahlreiche andere gesundheitsfördernde Produkte herstellen. In Jaen werden aus den Restbeständen der Olive sogar Heizpellets hergestellt, mit denen Häuser und Hotels während des Winters beheizt werden können.  Ein Beispiel dafür ist das Hotel Sierra de Cazorla im Provinzörtchen Cazorla, das erfolgreich einen großen Spa mit Olivenpellets betreibt und so nicht nur äußerlichen Wohlfühlurlaub anbietet.

Die Politik weiß um die traditionelle Bedeutung der Pflanze für Menschen, Gesundheit und Wirtschaft. Die Bürgermeisterin von Martos persönlich lässt es sich daher nicht nehmen, das Olivenfest ihrer Stadt jedes Jahr pünktlich zum Erntestart Anfang Dezember zu eröffnen.

Im Anschluss können Einheimische, und in den letzten Jahren auch immer mehr Besucher des Olivenfestes in Martos selbst ihre Erfahrungen machen: Jeder Anwesende erhält eine Papiertüte mit Brot, einem Flächchen Ölivenöl, einem Stück Fisch und einer Flasche Wasser zum sofortigen Genuß.  Mit der Verteilung dieser „Hoyos“ zum Auftakt der Erntesaison bedankt sich die Bevölkerung symbolisch bei den unzähligen Erntehelfern, die diese typischen Lebensmittelration während der Arbeit regelmäßig zu sich nehmen. Der Andrang auf dem Fest ist groß – aber jeder ist willkommen und darf mitessen. 

Geerntet werden die Millionen von Olivenbäumen mittlerweile auf den großen Haciendas und Plantagen mit speziellen Erntefahrzeugen. Sie sehen aus wie ein landwirtschaftlicher Traktor, verfügen jedoch vorne über einen schaufelartigen Greifarm. Damit werden die Olivenbaumäste  wie mit einer Greifzange umfasst und ein Rüttelmechanismus schüttelt die oft viele jahrhundertealten Bäume kräftig durch.

Dabei fallen die Oliven vom Baum ab und in ein vorher ausgespanntes engmaschiges Netz, berühren im Idealfall also nicht einmal den Boden. Sie können so durch ein paar Erntehelfer schnell in Transportfahrzeuge verfrachtet werden. Wichtig ist, dass die frisch „geschüttelten“ Oliven schnellstens in die Olivenfabrik geliefert werden, damit sie dort sofort gereinigt und verarbeitet werden können.

Die Ernte an sich ist ein interessantes Erlebnis – zum Beispiel auch für Kinder, die so an die Natur ein Stück näher herangebracht werden. Viele Olivenbauern ermöglichen interessierten Reisenden einen Einblick in die Arbeitsabläufe der Olivenverarbeitung. Wer mit dem Auto in der Region unterwegs ist kann auch einfach anhalten und zuschauen, wenn der Rütteltraktor von Baum zu Baum fährt und die Netze – fast wie nach Fischfang-Manier auf See – eingezogen und die Oliven mit einem Laster verfrachtet werden. Traditionell wurden die Äste der Olivenbäume mit Stöcken geschlagen, was heute jedoch nur noch selten vorkommt.

Die Olivenhersteller produzieren je nach Sorte und Beschaffenheit der einzelnen Olivenplantagen und Ernte unterschiedliche Qualitätsprodukte aus der Frucht. Für Besucher gibt es meist Informations- und Verkaufsräume mit den verschiedenen Produkten und Erklärungen zur Herstellung. Einige Hersteller führen Besucher gerne durch die Verarbeitungsanlagen und zeigen dabei die einzelnen Arbeitsabläufe.

In den Restaurants der Region können Gäste die unterschiedlichsten Speisen verkosten, die mit Oliven oder Olivenöl hergestellt werden. Dazu gehört auch – man mag es nicht glauben – Olivenöleiscreme, die hervorragend schmeckt. Und das nicht nur jungen Gästen.

In der Provinz Jaén werden seit Jahrhunderten derart viele Oliven und Olivenprodukte hergestellt, dass selbst ausländische Großhändler dort einkaufen. So landen seit langem große Mengen des qualitativ hochwertigen spanischen Olivenöls in Italien. Dort wird es mit italienischen und anderen europäischen Olivenölen gemischt und landet auf Tischen und in Töpfen der Mittel- und  Nordeuropäer als „italienisches“ Olivenöl. Rechtlich korrekt ist das, da die Mischung und die Abfüllung dann eben tatsächlich in der Toscana oder anderen italienischen Regionen stattfindet. So ist alles eben auch eine Frage der Vermarktung.

Bislang, so scheint es – war den Spaniern in Jaén mehr an einer Optimierung der Qualität als an eben dieser Vermarktung gelegen. Die Herstellung des wichtigen Lebensmittels wird nicht nur durch den Gesetzgeber überwacht. In den regionalen Kooperativen wie zum Beispiel dem Oliven-Kontrollrat „Campinas de Jaén“ werden die frischen Öle individuell überprüft und analysiert.

Dazu werden reihenweise Tests gemacht. Ökologisch richtiger Anbau und Produktion mit schonender und chemiefreier Weiterverarbeitung haben für die hochwertigen und gesunden Ölprodukte eine große Bedeutung. Entsprechend werden Qualitätsprädikate vergeben wie das Denominación de Origen“-Zertifikat der „Sierra Mágina“.

Die traditionelle Weise der Ölgewinnung wird „Almazara“ genannt.  Wichtigstes Produkt einer Almazara ist das Olivenöl „virgen“ – übersetzt bedeutet das „jungfräulich“.

Die ölige Flüssigkeit, die den Oliven nur durch mechanische Verfahren entzogen wird heißt so. Dabei darf kein chemisches Verdünnungsmittel benutzt werden.

Nur etwa 40 Prozent  der Ernte darf die Bezeichnung „virgen“ tragen. Grundsätzlich ist der Rest zu säurehaltig und damit eigentlich nicht für den Verzehr geeignet. Bei den Römern wurde dieses Öl noch nur als Lampenöl, genannt Lampante, verwendeten. Mithilfe chemischer Zusätze und Destillation wird jedoch auch dieses Öl behandelt, raffiniert und mit hochwertigem Öl gemischt. Dadurch können insgesamt größere Mengen auch zum menschlichen Verzehr gehandelt werden.

Nur weniger als ein Prozent der Ernte kann als „virgen extra“, also extra natives Olivenöl verkauft werden. Es enthält aufgrund von Sonneneinstrahlung, Niederschlag und anderen Faktoren besonders wenig Säure und ist deshalb besonders gut und bekömmlich.

Eine Reise durch die Provinz Jaén lohnt also nicht nur wegen der faszinierenden Landschaft mit ihren scheinbar unendlich riesigen, grün-silbrigen Olivenplantagen und –hügeln. Man wird schnell zum Fachmann und fasziniert von der Vielfältigkeit und den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen des uralten Kulturguts Olive. Wer durch Jaén gereist ist kennt sich aus mit diesem Produkt – und kauft wohl danach nie wieder ein Öl, dass nicht den Zusatz „virgen extra“ oder wie es auf italienisch heißt „extra vergine“ trägt.

Das noch immer unbekannte Jaén in Andalusien hat vieles zu bieten. Die Region ist urtypisch, Massentourismus kann man hier nicht erwarten. Dafür trifft man auf spanische Tradition, Natur und freundliche Menschen, die dem Reisenden besonders im Winter gerne einen Pfad zu gesundem Leben weist.

Bild: Geschmacks- und Qualitätstests des frisch produzierten Olivenöls im Olivenkontrollrat. Foto: Carstino Delmonte/ Touristikpresse.net






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