Mit dem Einsatz des railjet ab 14. Dezember 2008 beginnt für alle Bahn-Reisenden ein neues Zeitalter im Fernverkehr. Bis dahin muss der railjet allerdings noch einige Prüfungen absolvieren.
„Wir sind uns der Verantwortung gegenüber unseren Kunden bewusst und daher wird der railjet auf Herz und Nieren geprüft, um einen zuverlässigen und komfortablen Zug auf Schiene zu bringen“, so Gabriele Lutter, Vorstandsdirektorin der ÖBB-Personenverkehr AG, über den Neuzugang im Fernverkehrsfuhrpark.
railjet – Auf dem Weg zum Erfolg
Es war einmal eine EU-weite Ausschreibung im Juli 2005, aus der Siemens als Bestbieter hervorging. Im November 2006 erfolgte der Startschuss zum Bau des railjet im Siemens-Werk Simmering. Gleich im Anschluss ging es zur Fertigung des Stahlrohbaus ins Siemens-Werk nach Maribor (Slowenien). Der weitere Zusammenbau der Wagenkästen erfolgt seit dem Sommer 2007 bei Siemens in Wien. Der Transport der Einzelkomponenten wurde mit Wagen der Rail Cargo Austria AG, die sich in einer Ausschreibung gegen andere Frächter durchgesetzt hatte, durchgeführt. Das Führerraumgerippe (= Steuerwagenkopf, die „Lokführerkabine“) wird parallel bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG in Knittelfeld hergestellt. Die luftgefederten Drehgestelle kommen aus Graz, vom Kompetenzzentrum Siemens. Nach dem Aufsetzen der Fahrzeuge auf die Drehgestelle bei Siemens erfolgte die Überführung zum Werk der ÖBB-Technische Services GmbH in Simmering. Dort wurde der Innenausbau und die Inbetriebnahme, sowie das Zusammenkuppeln der Garnituren vorgenommen. Im Werk der ÖBB-Technische Services GmbH in Linz wurden parallel dazu die Taurus Lokomotiven adaptiert. Die komplette Fertigung (Rohbaukasten, Innenausbau, Lackierung) der ersten drei railjet-Garnituren erfolgte bei Siemens, ab der vierten Garnitur übernehmen diese die Endfertigung der Wagen.
railjet – Von der Theorie in die Praxis
Nun sind die ersten Wagen fertig, die für die einzelnen Testfahrten verwendet werden. Lutter stolz über diesen wichtigen Meilenstein: „Bis jetzt wurde der railjet in geschützten Hallen zusammengebaut. Es wurde geplant, gefeilt und geschraubt. Nun sind wir an diesem spannenden Punkt angelangt – der railjet erblickt erstmals das Tageslicht und kommt dorthin, wo er hingehört – auf unsere Schienen. Und ich werde sicher bei der einen oder anderen Messfahrt im railjet anzutreffen sein!“
railjet – Zuverlässigkeit bewegt Europa
Von 28. April bis 15. Juli wird bei über 50 Tests der railjet von A wie bis Z geprüft. Das Prüfprogramm in diesem Zeitraum wurde von der ÖBB-Personenverkehr AG gemeinsam mit der ÖBB-Traktion GmbH, den zuständigen Behörden in Österreich (bmvit), Schweiz (BAV), Ungarn (FFK) und Deutschland (EBA) den jeweiligen Gutachtern für Lärm, Bremse, Lauftechnik, Klima-Heizung etc. und dem Hersteller Siemens AG Österreich festgelegt. Die einzelnen Fahrten werden gemäß den international gültigen Normen für den Eisenbahnbetrieb im jeweiligen Land durchgeführt. Die einzelnen Prüfinstitute vergeben dann die verschiedenen Zulassungen.
Für die Durchführung der einzelnen Zulassungstests hat Siemens AG Österreich die ÖBB-Traktion GmbH beauftragt. „Das Testen des railjet ist eine besondere Herausforderung, da es sich bei diesem Zug um einen siebenteiligen Triebwagenverbund handelt, der von einer Taurus-Lok geschoben oder gezogen wird und auch im Ausland unterwegs sein wird“, so Herwig Wiltberger, Geschäftsführer der ÖBB-Traktion GmbH. „Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Testphase und einen zuverlässigen railjet.“
railjet – Die Testfahrten im Detail
Bei den Bremsfahrten, die von 28. April bis 13. Juni dauern, gibt es zwei Methoden, um die Länge der Bremswege zu messen: Einerseits finden sogenannte „Einschleiffahrten“ statt, bei denen ein bis vier railjet-Wagen (nur Steuerwagen bzw. Steuerwagen, Übergangswagen zur Lok, Caféwagen und First-Wagen) bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h von der Taurus-Lok abgekuppelt werden. Dabei setzt automatisch die Schnellbremsung ein. Andererseits gibt es zwischen 29. April und 13. Juni „Bremsversuche“, bei denen ein railjet (bestehend aus einer Taurus-Lok und vier railjet Wagen) jeweils von 120 km/h, 140 km/h und160 km/h auf 0 km/h abgebremst wird, und somit das sichere funktionieren wie beim Auto dokumentiert wird.
Bei den Lauftechnikfahrten, die mit einer Taurus-Lok und 2 First-Wagen durchgeführt werden, wird von 5. Mai bis 19. Juni die Entgleisungssicherheit (wie verhält sich der railjet beispielsweise bei extremen Steigungen?) die Einhaltung der maximal zulässigen Kräfte (werden zum Beispiel die Schienen überbeansprucht?) und der Kunden- und Fahrkomfort (Fährt der railjet wie auf Schienen?) geprüft. Zu den Lauftechnikfahrten zählen auch die berühmten Schnellfahrten mit Vmax 253 km/h. Jedes in Österreich neu zugelassene Schienenfahrzeug muss 10 Prozent schneller als die Zulassungsgeschwindigkeit fahren können.
Bei den Zulassungsfahrten im Ausland (Deutschland, Schweiz und Ungarn) zwischen 9. Juni und 15. Juli finden Bremsfahrten, Lauftechnikfahrten und Schallmessungen statt.
Zwischen 21. und 29. Juni finden Schallmessungen statt, bei denen ein vierteiliger railjet (Taurus-Lok mit Steuerwagen, Übergangswagen zur Lok und zwei First-Wagen) mit 230 km/h an einer mit Mikrophonen ausgestatteten Messstation vorbei, um die Lautstärke zu messen.
railjet – Ein Premium-Produkt für alle
Der railjet wird als Premium-Produkt mit besonderem Komfort und Service für neue Maßstäbe im europäischen Personenverkehr sorgen. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2008 gibt es sechs Verbindungen von Wien nach München und sieben in die ungarische Hauptstadt Budapest in einem Zwei-Stunden-Takt. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2009 ist der railjet auch auf der Strecke Wien – Salzburg – Innsbruck – Feldkirch – Bregenz resp. Zürich unterwegs. Die Verbindungen Wien – Graz – (Ljubljana/Zagreb) und Wien – Villach – (Venedig) kommen schrittweise ab 2010 dazu. Bis 2013 werden die Passagiere von Wien nach Innsbruck nur mehr etwas über vier Stunden fahren, nach Salzburg gar nur mehr zwei Stunden und fünfzehn Minuten.
Technische Details zum railjet:
- 408 Sitzplätze (16 Premium, 76 First, 316 Economy)
- Länge: 185 m
- Gewicht: 330 Tonnen
- Höchstgeschwindigkeit: 230km/h (250km/h optional)
- Energieversorgung: 1000 V 16,7 + 50 Hz / 1500 V 50 Hz und 1500 V + 3000 V Gleichstrom
- Einsatz: alle Normalspurstrecken in Kontinentaleuropa
- Traktionsmittel: Taurus (geeignet für jede andere Elektro- bzw. Diesellokomotive)
- Drehgestell: Typ SF 400
- Fensterstege: 35 cm
- 210 Sitzplatzreservierungsanzeigen
- 140 Innenlautsprecher
- 50 Monitore im Fahrgastraum
- 14 Fahrgastsprechstellen
- 14 Monitore im Ein- Ausstiegsbereich
- 14 Außenanzeigen
- 8 Bordrechner
- 5 Serviceruftaster für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste
- 1 GPS (Global Positioning System) Empfänger
- 1 GSM /GPRS Modem (Kommunikationssystem)