BUND fordert Streichung von
Großprojekten
Bahn
Berlin – Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat von der Bundesregierung die Neuausrichtung ihrer Bahninvestitionen gefordert. „Milliardenteure und wirtschaftlich wie ökologisch nachteilige Prestigevorhaben wie der Bahnhof „Stuttgart 21″ passen nicht in die heutige Zeit. Sie verhindern dringend erforderliche Investitionen in den Fern- und Nahverkehr der Bahn und die Verlagerung von Gütern vom Lkw auf die Schiene“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger in Berlin. Überteuert sowie wirtschaftlich und ökologisch fragwürdig seien auch der Bau der ICE-Strecke von Nürnberg nach Erfurt und die so genannte „Y-Bahntrasse“ von Hannover nach Bremen bzw. Hamburg.
Der Umweltverband forderte die schnelle Fertigstellung bereits im Bau befindlicher und für den Güterverkehr relevanter Verbindungen wie die Rheintalbahn und den Ausbau von vier weiteren Transportstrecken für Bahn-Container. Für den Personenverkehr müssten vorrangig die Strecken Frankfurt-Fulda, Mainz-Mannheim und wichtige Ost-West-Verbindungen ausgebaut werden. Mehr Investitionen seien außerdem in Knotenpunkte und in Umsteigemöglichkeiten vom Fern- zum Nahverkehr erforderlich. Höchste Priorität müssten Investitionen in wichtige Verbindungen des Güterverkehrs und eine Erweiterung der Bahn-Transportkapazitäten zu den Seehäfen Hamburgs, Bremerhavens und Wilhelmshavens haben. Der Umweltverband forderte außerdem eine bessere Beteiligung der Öffentlichkeit und des Bundestages bei den Investitionsentscheidungen der Bahn.
„Wenn sich Bundesregierung und Bahn von Prestigeprojekten verabschieden und auf den schnellen Ausbau wichtiger Strecken für Güter konzentrieren, lässt sich der Schienengüterverkehr in Deutschland innerhalb von fünfzehn Jahren verdoppeln. Damit und mit kosteneffizienten Investitionen in den Personenverkehr könnten die
CO2-Emissionen des Verkehrs bis 2020 um rund fünf Prozent verringert werden. Mit den bisherigen Plänen der Bundesregierung werden bis zum Jahr 2050 lediglich 0,5 Prozent Minderung erreicht. Weniger Lkw auf unseren Straßen und zufriedenere Bahnkunden in allen Sektoren der Wirtschaft wären weitere Vorteile“, sagte Weiger. Anstatt an einem Schieneninvestitionsplan festzuhalten, der entsprechend der Aussagen seiner eigenen Gutachter das Ziel der Verlagerung von Verkehr auf die Schiene verfehle, müsse Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer endlich neue Prioritäten setzen und seinen „Bedarfsplan Schiene“ entsprechend anpassen.
Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND in Baden-Württemberg: „Bundesverkehrsminister Ramsauer ist anscheinend nicht bereit, die nötigen Lehren aus der Diskussion um Stuttgart 21 zu ziehen. Verkehrsplanungen ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und ohne substanzielle parlamentarische Beratungen durchzusetzen, ist nicht mehr zeitgemäß. Die Schlichtungsgespräche zu Stuttgart 21 haben gezeigt, dass mehr für die Legitimation und die Akzeptanz großer Bauprojekte getan werden muss. Es muss völlige Transparenz über die Planungsziele und über mögliche Alternativen hergestellt werden.“
Umfassende Anhörungen und der Dialog mit Betroffenen und Bürgern zu den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekten von Großvorhaben müssten sehr viel früher erfolgen als bisher. Beim Eintreten neuer Erkenntnisse müsse es nach Baubeginn außerdem möglich sein, ein Vorhaben erneut auf den Prüfstand zu stellen und es gegebenenfalls auch aufzugeben.
Der BUND-Verkehrsexperte Werner Reh forderte die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, eine umfassende Anhörung zum aktuellen Bahn-Bedarfsplan durchzusetzen. Die Chance zur Neuorientierung der Schieneninvestitionen und für Fortschritte hin zu einer nachhaltigen und kosteneffizienten Verkehrsinfrastruktur müsse genutzt werden. Es dürften keine falschen Entscheidungen getroffen und vierzig Jahre lang an Prestigeprojekten im Umfang von über 20 Milliarden Euro gebaut werden.
Foto: Lolo Stürmchen