Der Lobbyverband „Allianz pro Schiene“ stemmt sich gegen Sicherheitsschleusen und begrüßt den Ausbau der Videoüberwachung
Berlin – Die Allianz pro Schiene hat die Ankündigung von Bahn und Bund begrüßt, die Zahl der Videokameras in Bahnhöfen zu erhöhen und die Bildqualität der Aufzeichnungen zu verbessern. „Der Einsatz von Videotechnik kann vereinzelt Straftaten verhindern, erhöht das Sicherheitsgefühl der Reisenden und erleichtert die Identifikation der Täter“, sagte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Montag in Berlin. Die Bahnreisenden wünschten sich allerdings neben Videotechnik auch mehr Bahnpersonal in Uniform an den Bahnhöfen. Beides müsse Hand in Hand gehen, um das Sicherheitsgefühl nachhaltig zu verbessern.
Auf entschiedene Ablehnung der Allianz pro Schiene stoßen dagegen Sicherheitsschleusen an Bahnhöfen ähnlich wie die Sicherheitskontrollen auf Flughäfen. „Sicherheitsschleusen verlagern das Problem lediglich räumlich“, meint der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Die Eisenbahn in Deutschland sei im Unterschied zu einigen anderen Ländern ein offenes und frei zugängliches System und das müsse auch so bleiben. Flege: „Sicherheitsschleusen passen nicht zum Bahnsystem in Deutschland“.
Ob dieser Ansatz weit genug reicht kann durchaus in Frage gestellt werden. Denn letztlich war auch der Flugverkehr ein solches „offenes und frei zugängliches System“. Bis die ersten Flugzeugentführungen und Terroranschläge kamen. Seitdem ist Schluss mit „offen“. Genau betrachtet verhält es sich im Bahnverkehr nicht anders als im Luftverkehr: Millionen Menschen treffen auf Flughäfen oder Bahnhöfen aufeinander, um dann in die abgeschlossenen Räume von Flugzeugkabine oder Bahnwaggon einzusteigen, wo sie sich weitgehend gleich verhalten während sie darauf warten am Reiseziel anzukommen.
Bereits vor über 40 Jahren gab es Zugentführungen mit Toten und Verletzten mitten in Europa. Das ist heute nicht anders.
Deutsche Medien hatten am Montag berichtet, dass die französische Staatsbahn SNCF künftig auch zivile bewaffnete Sicherheitsbeamte in ausgewählten Zügen einsetzen und Sicherheitsschleusen nach dem Vorbild von Flughäfen für Hochgeschwindigkeitszüge einrichten wolle.
Wenn ein deutscher Lobbyverband das Problem damit kleinreden will, dass eine sinnvolle Maßnahme zum Schutz der Reisenden nicht ins System passt, ist das letztlich nicht mehr als eine flache Parole und Ausdruck von Hilflosigkeit und Ignoranz gegenüber einer unüberschaubaren, alltäglichen Bedrohung. Mit Ignoranz ist ihr wohl eher nicht beizukommen.