4 Mio. mehr Reisende, 4 Mio. Tonnen mehr im Güterverkehr, Gesamterträge auf 5,521 Mrd. EUR gestiegen, MitarbeiterInnen-Stand stabil – erstmals Bilanzierung nach IFRS
Die Bilanz des ÖBB-Konzerns im abgelaufenen Geschäftsjahr 2007 weist kräftige Zuwächse im Personen- und Güterverkehr auf. „Mit 447 Mio. Reisenden und 97 Mio. Tonnen transportierten Gütern haben wir neue Spitzenwerte erreicht“, sagt Peter Klugar, Sprecher des Vorstandes der ÖBB-Holding AG. Die Gesamterträge im Personenverkehr erhöhten sich um 4,3% auf 1,996 Mio. EUR, bei der Rail Cargo Austria AG betrug die Steigerung 8% auf 2,417 Mio. EUR. Einen absoluten Rekord gab es mit 2.529 Mio. EUR auch bei den Investitionen (+23,2%). Erstmals wurde nach IFRS bilanziert.
Steigendes EBIT, aber Finanzergebnis drückt EBT
Das EBIT des ÖBB-Konzerns stieg 2007 auf 514 Mio. EUR an – ein Plus von 45,6% gegenüber 2006. Dieser Anstieg ist fast ausschließlich auf die Steigerungen im Infrastrukturbereich zurückzuführen. (PV AG + 5,3 Mio. EUR, RCA AG – 28,8 Mio. EUR, Betrieb AG + 38,9 Mio EUR, Bau AG + 117,3 Mio. EUR) Rückläufig ist das Ergebnis vor Ertragsteuern (EBT). 2007 betrug es 44,4 Mio. EUR gegenüber 98,8 Mio. EUR im Jahr 2006 (IFRS-Neuberechnung). Das Finanzergebnis hat sich insbesondere wegen hoher Vorsorgen im Zusammenhang mit derivativen Finanzgeschäften (2007: 136,5 Mio. EUR) von -254 Mio. EUR (2006) auf -469 Mio. EUR verschlechtert.
Wegen börsennotierter Anleihen wurde 2007 erstmals nach IFRS bilanziert und auch die Bilanz 2006 neu nach IFRS erstellt. „Wir haben uns über zwei Jahre lang intensiv darauf vorbereitet und eine perfekte Überleitung geschafft“, sagt Erich Söllinger, Finanzvorstand der ÖBB-Holding AG. Durch die Umstellung kommt es zu anderen Bewertungen als nach UGB, insbesondere bei den Kostenbeiträgen für Investitionsprojekte, beim Anlagevermögen, bei den Rückstellungssachverhalten und bei den Finanzinstrumenten. „Bei allen Finanzkennzahlen können im Jahresvergleich deshalb nur IFRS-Werte einander gegenüber gestellt werden“, so Söllinger. Konkret sind daher nur Bilanzen der Jahre 2006 und 2007 vergleichbar.
Personenverkehr: Schiene gewinnt, Bus bleibt konstant gut
„Im Personenverkehr entfiel das Fahrgastplus 2007 zur Gänze auf den Schienenverkehr“, berichtet Gustav Poschalko, Vorstandsdirektor der ÖBB-Holding AG für die Bereiche Personen- und Güterverkehr. 200 Mio. Fahrgäste nutzten im Jahr 2007 die Angebote der ÖBB im Schienenverkehr (+2% gegenüber 2006) – und das, obwohl die ausgedehnten Streiks bei der Deutschen Bahn auch in Österreich für Verunsicherungen gesorgt hatten.
Auf den Nahverkehr entfielen 170 Mio. Reisende (2006: 167 Mio.; +1,8%) und 30 Mio. auf den Fernverkehr (2006:29 Mio., +3,4%). Die Fahrgastzahl der ÖBB-Postbus GmbH blieb mit 247 Mio. stabil auf dem bereits hohen Vorjahresniveau (davon 9 Mio. Reisende in Tschechien über das Tochterunternehmen ČSAD). Der Marktanteil der ÖBB im öffentlichen Personenverkehr belief sich ohne Berücksichtigung des innerstädtischen Verkehrs auf rund 90 Prozent. Besonders deutliche Steigerungen gab es durch die S-Bahn-Angebote in Vorarlberg und Salzburg (bis zu +17%) und im EURregio-Verkehr in die östlichen Nachbarstaaten (bis zu +23%). Beim gemeinsam mit der Flughafen Wien AG betriebenen City Airport Train (CAT) wurden die Fahrgastzahlen auf rund 1 Mio. gesteigert (+1%). Die Zahl der VORTEILScard-Kunden ist von 1,3 Mio. auf über 1,4 Mio. gestiegen (+9%). Durch den Anstieg der beförderten Fahrgäste konnte das EBIT von 29,5 auf 34,8 Mio. EUR gesteigert werden.
Maßgeblich investiert wurde in neue Züge für Nah- und Fernverkehr. Allein 2007 wurde die Flotte um 51 Talent-Züge, 27 Desiro-Züge und 12 Doppelstockwagen in die Flotte erweitert. Die Investitionen beliefern sich hier auf 310,9 Mio. EUR. Die Produktion des neuen Fernverkehrszuges railjet läuft auf Hochtouren – die ersten Züge werden im Dezember 2008 auf Schiene gebracht. 2007 wurde beim Hersteller Siemens zudem eine zweite Option gezogen: bis 2013 wird die Fernverkehrsflotte mit insgesamt 67 railjet-Garnituren komplett neu aufgestellt, wodurch sich die Wettbewerbsfähigkeit des ÖBB-Personenverkehrs weiter verbessern wird. Mit einem Investitionsvolumen von 816 Mio. EUR ist der railjet die größte Investition in den Fernverkehr in der Geschichte der ÖBB.
Auch das Projekt PLAN912 wurde weiter vorangetrieben. Der neue Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild wird in zwei Phasen umgesetzt: 2009 und 2012. Ein zentrales Element dabei ist die weitere Vernetzung von Bahn und Bus in regionalen Taktknoten. Mit Dezember 2007 wurden hier 646 neue Anschlüsse hergestellt.
Die ÖBB-Postbus GmbH verfügte 2007 über 2.250 Busse und sorgte für 29.000 Busfahrten täglich. Gestartet ist der ÖBB-Postbus auch mit Busverbindungen in der Schweiz über zwei neue Beteiligungen – an der Bus Ostschweiz AG und der Bus Sarganserland Werdenberg AG. In neue Busse wurden 55,2 Mio. EUR investiert. Sie sind allesamt klimatisiert und barrierefrei ausgestattet. Höhepunkt im ÖBB-Postbusverkehr war die Etablierung eines neuen Buskonzeptes in St. Pölten. Seit Dezember erschließen zehn Linien mit umweltfreundlichen erdgasbetriebenen Fahrzeugen die Landeshauptstadt. Durch den Einsatz dieser Erdgasbusse soll Jahreskilometerleistung soll von bisher 900.000 auf 1,9 Millionen Kilometer im Jahr 2008 steigen. Die Vienna AirportLines konnten 2007 mehr als 800.000 Fahrgäste verzeichnen (2006: 600.000). Die ÖBB-Postbus GmbH führte umfangreiche Eco-Driver- und Safety-Driver-Ausbildungen für Postbus-LenkerInnen durch. Damit gelang es, das hohe Sicherheitsniveau im Busverkehr weiter zu steigern und außerdem 10% des bisher verbrauchten Diesel einzusparen.
Güterverkehr: Tonnage- und Umsatzrekord, Akquisition der MÁV Cargo
Ein weiteres Rekordjahr meldete auch die Rail Cargo Austria AG (RCA AG): mit 97 Mio. Tonnen Gütern wurde ein Beförderungsplus von 4 Mio. Tonnen erreicht. „Dabei haben sich die Geschäftsfelder Cargo & Logistics und Intermodal gleichermaßen gut entwickelt – jeweils mit rund 2 Mio. Tonnen Plus“, so Gustav Poschalko. Die RCA AG ist mit 92,3% Marktanteil am Schienengüterverkehr der Marktführer in Österreich. Sie sorgt mit einem Schienen-Anteil von rund 30% am Modal Split für eine europaweit überproportionale Präsenz der Schiene im heimischen Güterverkehr.
Im europäischen Ranking belegt die RCA AG Platz 4 gemessen an den absoluten Tonnagezahlen. Gemessen an den beförderten Tonnen je Einwohner ist die RCA AG überhaupt Spitzenreiter in Europa. Die Gesamtlogistik-Kompetenz erstreckt sich mit 93 Beteiligungen in 25 Ländern mittlerweile auf ganz Europa, in Ost- und Südosteuropa hat die RCA AG bereits Marktführerschaft erreicht. 2007 wurden die Flotte um 1.500 Wagen aufgestockt, bis 2011 werden insgesamt rund 5.000 neue Wagen angeschafft.
Zusätzlich zum operativen Geschäft erreichte die Gesellschaft aber auch einen zweiten großen Erfolg: sie gewann das Bestbieterverfahren für die Privatisierung der ungarischen Güterbahn MÁV Cargo und unterschrieb am 2. Jänner 2008 den Kaufvertrag. Derzeit wartet die Rail Cargo Austria auf die kartellrechtliche Genehmigung durch die EU – sie wird für die Sommermonate erwartet. Nach dieser Genehmigung soll die MÁV Cargo in die RCA AG integriert werden. Die MÁV Cargo beförderte zuletzt 47 Mio. Tonnen Güter und hatte 13.000 Wagen, knapp 4.000 MitarbeiterInnen, einen Wagen herstellenden Betrieb und einen Umschlagsterminal an der ukrainischen Grenze. „Die RCA AG wird mit dieser erfolgreichen Akquisition zur Nummer 3 unter den Güterbahnen Europas werden – mit einer Flotte von über 30.000 Wagen“, sagt Poschalko. Das EBIT verringerte sich 2007 von 53,5 Mio. EUR auf 24,7 Mio. EUR. Hauptursachen waren erhöhte Schadensfälle in der Höhe von 13 Mio. EUR und der steigende Kostendruck aufgrund des verstärkten Wettbewerbs.
Europäische Lokflotte expandiert weiter, Werkstätten europaweit gefragt
Die ÖBB-Traktion GmbH hat die Modernisierung ihrer Lokflotte 2007 mit hohem Tempo vorangetrieben und weitere 98,4 Mio. EUR investiert – insbesondere in neue Taurus-Loks. Parallel dazu wurde die Zulassung der Taurus-Loks in Tschechien, Italien und Slowenien erreicht – hier wurde der grenzüberschreitende Einsatz umgehend gestartet.
Ebenfalls auf Europakurs befand sich 2007 die ÖBB-Technische Services GmbH. Durch die maßgebliche Beteiligung an allen großen Fahrzeug-Beschaffungsprogrammen im Personenverkehr und Lokbereich in den letzten Jahren wurde ein umfassendes Know-how aufgebaut, das auch bei Dritten gefragt ist. 2007 konnten externe Erlöse von rund 40 Mio. EUR lukriert werden – um knapp 25 Prozent mehr als 2006. Mit März 2008 übernahm das Unternehmen auch die Endfertigung des railjet und weitet so seine Kompetenz auf dieses Produkt aus.
Infrastruktur Betrieb: Pünktlichkeit weiter gesteigert, Bahnübergänge sicherer
2007 wurde die Pünktlichkeit im Personenverkehr wesentlich gesteigert: im Fernverkehr um 3,5 Prozentpunkte auf 79,4% und im Nahverkehr von 89,7% auf 91%. „Weitere Optimierungen in der Betriebsführung sollen durch die Betriebsführungsstrategie erreicht werden“, kündigt Peter Klugar an. Die erste von fünf Betriebsführungszentralen soll im Oktober 2008 in Innsbruck in Betrieb gehen.
Ein weiterer Schwerpunkt der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG war die Verbesserung der Sicherheit auf Eisenbahnkreuzungen. Gemeinsam mit dem BMVIT, der Exekutive, dem Fachverband der Fahrschulen und dem Kuratorium für Verkehrssicherheit wurde eine Informationsoffensive eingeleitet. 2007 wurden 30 Mio. EUR in die zusätzliche Sicherung bzw. Auflassungen von Eisenbahnkreuzungen investiert.
Zusätzlich zum Betrieb des 5.702 km langen Streckennetzes der ÖBB managt die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG auch die 1.355 Bahnhöfe und Haltestellen in ganz Österreich. Sie sorgt für Sicherheit, Sauberkeit und Information der Reisenden. Im Rahmen des 2005 gestarteten Programms „Qualitätsfokus Bahnhof“ wurden hier erneut 10 Mio. EUR in ein verbessertes Erscheinungsbild investiert. Am Netz der ÖBB waren 2007 insgesamt 25 Eisenbahnverkehrsunternehmen zugelassen.
Bauen für Generationen: Rekordinvestitionen in die Infrastruktur
Einen Höhepunkt erreichten 2007 auch die Investitionen in den Aus- und Neubau der Eisenbahn-Infrastruktur. 2007 wurden 1.879 Mio. EUR (2006: 1.591 Mio. EUR) investiert. Die ÖBB-Infrastruktur Bau AG konzentrierte sich dabei auf den viergleisigen Ausbau der Westbahn und der Unterinntalbahn, den Ausbau der europäischen Nord-Südachse über die Koralmbahn und ein neues Trassenauswahlverfahren für den künftigen Semmering Basistunnel. Weitere laufende Projekte des Jahres 2007 waren der Bau des Lainzer Tunnels, die Bahnhofsoffensive mit dem Neubau der Bahnhöfe Wien Praterstern und St. Pölten Hauptbahnhof sowie die Vorbereitung auf die Großprojekte Hauptbahnhof Wien, BahnhofCity Wien West und Salzburg Hauptbahnhof. Insgesamt arbeitete die ÖBB-Infrastruktur Bau AG im Geschäftsjahr an rund 1.500 Planungs- und Bauprojekten. „Bis 2020 sollen in Summe rund 24.500 Mio. EUR investiert werden, um die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Schiene deutlich zu steigern“, so Peter Klugar.
Zu einer Neuerung bei der Infrastrukturfinanzierung kam es Ende 2007. Mit dem Budgetermächtigungsgesetz 2007 wurde geregelt, dass sich der Bund bei den Tilgungsraten und Zinsaufwendungen für Infrastruktur-Investitionen künftig zu 70% beteiligt – und zwar über 30-Jahres-Tranchen.
Die Verwaltung, Entwicklung und Verwertung der ÖBB-Immobilien wurde von der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH abgewickelt. Mit ca. 30 Mio. EUR mehr an Verwertungserlösen gegenüber 2006 konnte der Immobilienbereich zu einer EBIT-Steigerung der ÖBB-Infrastruktur Bau AG beitragen und leistete einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag für den ÖBB-Konzern.
Nachhaltig am Zug: Bahn mit deutlichem Umweltbonus
Im September 2007 wurde der erste Nachhaltigkeitsbericht des ÖBB-Konzerns veröffentlicht – er beleuchtet die Nachhaltigkeit der ÖBB in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft und in ihrer Rolle als Arbeitgeber. „Nach neuesten Berechnungen zeigt sich: der Verkehr auf der Schiene spart der Umwelt gewaltige CO2-Belastungen“, so ÖBB-Chef Klugar. „Eine Fahrt mit der Bahn verursacht nur ein Achtel der CO2-Emissionen einer PKW-Fahrt. Ein Bahnreisender erspart der Umwelt pro Kilometer rund 140 Gramm des schädlichen Treibhausgases.“ Auch im Güterverkehr ist die Bahn bei weitem das klimafreundlichste Verkehrsmittel: Ein Gütertransport per LKW verursacht 23mal soviel CO2 wie ein Transport auf der Schiene. Der Klimavorteil der Bahn geht vor allem auf die Nutzung der Wasserkraft als Energieträger zurück: der Wasserkraftanteil beim eingesetzten Bahnstrom wurde zuletzt von 83% (2006) auf 89% im Jahr 2007 gesteigert. Parallel dazu reduzierte der ÖBB-Postbus durch die Schulung seiner LenkerInnen seinen Dieselverbrauch um 1,9 Mio. Liter.
Nachhaltig zeigten sich die ÖBB auch im Bereich Forschung & Entwicklung. Die ÖBB waren 2007 an 69 Forschungs- und Innovationsprojekten beteiligt – mit einem ÖBB-Investitionsbeitrag von rund 18 Mio. EUR.
Personal: MitarbeiterInnen-Stand stabil, Frauen und Jugend am Zug
Per Jahresende 2007 arbeiteten 42.893 MitarbeiterInnen im ÖBB-Konzern, um 58 weniger als Ende 2006. Die Zahl der Lehrlinge stieg auf 1.321 (+6%); insgesamt bildet der ÖBB-Konzern Jugendliche in 19 Lehrberufen aus. Von den technischen Lehrlingen konnten nach Abschluss der Ausbildung rund 60% in ein fixes Dienstverhältnis übernommen werden, bei den kaufmännischen Lehrlingen waren es rund 90%. Der Frauenanteil im Konzern stieg von 6,3% auf 6,9%, der Anteil der MitarbeiterInnen mit einem besonderen Kündigungsschutz fiel von 80,5% auf 75,3%.
Zur Weiterbildung wurden von den MitarbeiterInnen 122.000 Tage in Anspruch genommen (+45%). Unter Mitwirkung von über 6.000 MitarbeiterInnen und externen Fachleuten wurde ein konzernweites Leitbild erstellt.
Bild: OEBB