Als internationale Plattform der Eisenbahnbranche hat sich die Innotrans in Berlin längst etabliert. Die Fachmesse für Verkehrstechnik, innovative Komponenten, Fahrzeuge und Systeme lockt mehr als 1600 Aussteller aus über 40 Ländern auf das Messegelände am Berliner Funkturm und deckt das gesamte Spektrum der Eisenbahntechnik ab.
Der große Bereich der Eisenbahn-Infrastruktur, außerdem die Fahrzeug-Innenausstattung, der Öffentliche Personennahverkehr und das Fachgebiet des Tunnelbaus sind die Schwerpunkte der diesjährigen Innotrans vom 23. bis 26. September, parallel zur IAA Nutzfahrzeuge in Hannover. Hier haben auch 2-Wege-Fahrzeuge für den Einsatz auf Straße und Schiene ihren festen Platz und bereichern traditionell die große Fahrzeugausstellung auf dem Gleisgelände vor den Messehallen. Mercedes-Benz ist auf dem Stand F4 11 anzutreffen und zeigt dort auf einer Fläche von 350 Quadratmetern vier verschieden ausgestattete 2-Wege-Unimog.
Der Unimog auf der Schiene: Geräteträger und Rangierfahrzeug
Einer der wesentlichen Systemvorteile für den erfolgreichen Einsatz des Unimog als 2-Wege-Fahrzeug liegt bereits in seinem kompakten Achsbaumaß. Mit Hilfe spezieller Felgen und Reifen kann der Unimog U400 sowohl auf Eisenbahn-Normalspur (1435 Millimeter) als auch auf verschiedenen internationalen Breitspuren mit seinen eigenen Rädern auf der Schiene fahren, ein separater Schienenfahrantrieb ist nicht notwendig. Eine hydraulisch absenkbare Schienenführung sorgt für sichere Spurführung auf dem Gleis und auf einem niveauebenen Bereich von ca. 5 Meter Länge kann der Unimog einfach abgleisen und auf der Straße zum nächsten Einsatzort fahren.
Für den Einsatz auf der Schiene prädestinieren den Unimog außerdem der serienmäßige Permanent-Allradantrieb mit Längssperre sowie separaten Differenzialsperren in Vorder- und Hinterachse, die Singlebereifung sowie das Getriebe mit 8 Vorwärts- und 8 Rückwärtsgängen, das Geschwindigkeiten auf der Schiene von bis zu 50 km/h in beide Richtungen ermöglicht.
Durch die Zusammenarbeit mit international renommierten Aufbauherstellern wird das Unimog-Fahrgestell zum vollwertigen Schienenfahrzeug. Zur eisenbahntechnischen Ausrüstung gehören je nach Kundenanforderung z.B. eine Signallichtanlage, Sicherheitsfahrschaltung (Totmann-Schalter) oder digitaler Zugfunk.
Vielfältiger Geräteeinsatz
Durch seine hervorragenden Eigenschaften als Geräteträger im Straßenbetriebsdienst ist der Unimog weltweit bekannt. Diese Geräteträgerkompetenz lässt sich ebenso hervorragend für Einsätze auf der Schiene nutzen. Durch viele An- und Aufbauräume sowie mechanische und hydraulische Antriebe können z.B. eine Hubarbeitsbühne, ein Kran, ein Ausleger mit Astschere oder Tunnelwaschbürste oder auch eine Schneefräse angebaut und auf der Schiene eingesetzt werden.
Umweltfreundliches und wirtschaftliches Rangieren
Durch den Antrieb auf der Schiene über die Straßenräder ist der Unimog prädestiniert für den Einsatz als Rangierfahrzeug. Da der Reibbeiwert von Gummi auf Stahl deutlich höher ist als der Reibbeiwert von Stahl auf Stahl kann der 2-Wege-Unimog bei vergleichsweise leichtem Fahrzeuggewicht enorme Zugkräfte entwickeln und Anhängelasten bis zu 1000 Tonnen ziehen. Die ab Werk lieferbare Wandlerschaltkupplung erhöht das Anfahr-Drehmoment des Motors und ermöglicht so ruckfreies Anziehen von schweren Anhängelasten ohne Kupplungsverschleiß.
Generell gilt, dass der Unimog die hohen Abgasstandards aus dem Straßenverkehr auf die Schiene bringt. Mit der umweltfreundlichen SCR-Technologie (Blue-Tec) erfüllt der Unimog die Euro-4–Norm (ab 2009 Euro 5) und erhält damit auch die grüne Feinstaubplakette. Mit seinem deutlich geringeren Kraftstoffverbrauch ist der 2-Wege-Unimog damit eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Alternative zu einer Rangierlokomotive.
Die Exponate
Unimog U 400 mit Rangierausstattung für Anhängelasten bis 800 t
Von Haus aus bringt der Unimog U 400 zur Erfüllung seiner Aufgaben im Rangierdienst unter anderem die Wandlerschaltkupplung, ein kompaktes Achsbaumaß für den Antrieb auf der Schiene über die Fahrzeugräder sowie eine elektronische Schnittstelle für die Funkfernsteuerung mit. Der Sechszylinder-Dieselmotor leistet 175 kW (238 PS) und erfüllt über die Blue-Tec-Technologie die Abgasnorm Euro 4.
Die Bahntechnik von Zwiehoff/Zagro an diesem Fahrzeug besteht u.a. aus einer Eisenbahnwagen-Bremsanlage für 52 Achsen (800 Tonnen), hochschwenkbaren Kuppelstangen mit Dämpfung und einer Funkfernsteuerung für professionelles Rangieren im Ein-Mann-Betrieb. Das Fahrzeug wird nach der Messe an die Deutsche Bahn AG ausgeliefert und als Rangierfahrzeug in einem Cargo-Zentrum von DB Schenker eingesetzt.
Unimog U 400 mit Hubarbeits-Bühne für die Oberleitungswartung
Der hydrostatische Fahrantrieb des Unimog für stufenlose Anpassung der Arbeitsgeschwindigkeit ist ein wichtiges Element dieses Fahrzeug-Konzeptes für die Wartung und Reparatur der Eisenbahn-Oberleitung. Die von Ruthmann entwickelte und speziell auf den Unimog zugeschnitte Bühne mit einer Arbeitshöhe von 11 und einer Reichweite von acht Metern kann dadurch aus der Bühne gesteuert und dosiert und ruckfrei in beide Richtungen bewegt werden.
Der Unimog wurde von Zwiehoff/Zagro unter anderem mit einer PZB 90-Anlage (INDUSI), Sicherheitsfahrschaltung und einer Signallichtsignalanlage ausgerüstet und kann somit als „schweres Nebenfahrzeug“ auf Strecken der Deutschen Bahn AG eingesetzt werden.
Unimog U 400 mit Eisenbahnkran
Dieser Unimog U 400 mit seinen An- und Aufbauten stellt eine innovative Systemlösung für die Oberleitungsmontage und unterschiedlichste Gleisbau-Arbeiten dar. Das Fahrzeug hat eine Nachlaufachse erhalten, um den Spezial-Eisenbahnkran von Palfinger aufzunehmen. Die Kran-Antriebspumpe wird über den Motornebenabtrieb versorgt, der hydrostatische Fahrantrieb des Unimog ermöglicht ein langsames Fahren vom Arbeitskorb des Krans aus.
Die Besonderheit des Aufbaus ist, dass in die Funkfernsteuerung des Palfinger-Krans eine Funkfernsteuerung für das Unimog-Fahrgestell (nur aktiv bei Schienenfahrt) integriert wurde. Der Anwender kann das Fahrzeug somit komfortabel mit nur einer Konsole bedienen. Zum Fahrzeug gehört außerdem ein Zweiwege-Tandem-Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 13,5 Tonnen. Dieser 2-Wege-Unimog wurde für Balfour-Beatty Rail Austria produziert.
Unimog U 400 mit Ausleger zum Schneiden des Lichtraumprofils
Die Besonderheit dieses Unimog wird erst beim näheren Hinsehen deutlich: Als echte Messeneuheit trägt er eine Zweiwege-Bereifung für höhere Achslasten, wie sie ab dem zweiten Quartal des kommenden Jahres lieferbar sein wird. Der U 400 hat einen hydrostatischen Fahrantrieb für stufenlose Anpassung der Arbeitsgeschwindigkeit bei konstanter Motordrehzahl. Für Antrieb und Steuerung der Geräte ist der Unimog mit der ab Werk lieferbaren Leistungshydraulik ausgestattet.
Aufgebaut ist der Heckausleger ME 700 DB von Mulag, ausgestattet mit einer Astschere einschließlich Hub- und Schwenkbereichsbegrenzung bei der Schienenfahrt. Es handelt sich um ein Kundenfahrzeug der Straßenbahn Rostock, das in erster Linie zum Freischneiden des Lichtraumprofils eingesetzt wird. Für den Betrieb bei Straßenbahnen mit engen Kurvenradien ist eine Drehschemel-Schienenführung von Zweiweg installiert.
Systemvorteile des 2-Wege-Unimog auf einen Blick
*
Wirtschaftlichkeit – Kostengünstiges Rangieren hoher Anhängelasten durch niedrige Anschaffungs-, Betriebs- und Wartungskosten. Große Flexibilität durch professionellen Einsatz auf Schiene und Straße, auch mit Arbeitsgeräten.
*
Abgestimmtes System aus Fahrzeug und Aufbau – Intensive Zusammenarbeit mit den führenden Herstellern für 2-Wege-Technik von der ersten Entwicklungsphase bis zum Vertrieb. Ergebnis: optimal aufeinander abgestimmte Kombination aus Fahrzeug und An-/Aufbau.
*
Integrierte Geräteantriebe sowie An- und Aufbauräume – Mechanische Frontzapfwelle (150 kW), Arbeitshydraulik, Leistungshydraulik sowie viele An- und Aufbauräume ab Werk machen den Unimog zum professionellen Geräteträger auf Straße und Schiene.
*
Schnelles und einfaches Auf- und Abgleisen – Auf- und Abgleisen auf niveaugleichem Gleisabschnitt von ca. 5 m Länge oder mit hydr. Dreh- und Aushebevorrichtung auch außerhalb niveaugleicher Bereiche.
*
Schnelles Umsetzen auf der Straße – Geschwindigkeit auf der Straße bis zu 89 km/h. Geschwindigkeit auf der Schiene bis zu 50 km/h, vorwärts und rückwärts.
*
Erstklassige After-Sales Betreuung – Unimog-Service an über 1000 Service-Stützpunkten weltweit. Erstklassige Ersatzteilversorgung über das Mercedes-Benz Händlernetz.
*
Hervorragender Fahr- und Bedienkomfort – Ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz, Klimaanlage, luftgefederte Sitze sowie exzellente Sicht nach vorne und auf alle Arbeitsbereiche machen den Unimog zum komfortablen und sicheren Arbeitsplatz.
*
Hohe Zugkraft durch Traktion „Gummi auf Stahl“ – Der hohe Reibwert zwischen Gummirad und Stahlschiene sorgt für exzellente Traktion und ermöglicht wirtschaftliches Rangieren von Anhängelasten bis zu 1000 Tonnen.
*
Traktion auf der Schiene direkt durch Unimog-Räder – Kostengünstiges und sicheres Fahren auf der Schiene mit hydraulisch absenkbarer Schienenführungseinrichtung. Kein separater Schienenfahrantrieb notwendig.
Spezialisten unter sich
Der Ruf des Unimog als vielseitig einsetzbares Straßenfahrzeug ist legendär. Gebaut wird er vom Produktbereich Sonderfahrzeuge, ein „Werk im Werk“ innerhalb des großen Produktionsstandortes Wörth, der größten Lkw-Fertigung Europas. Auf einer eigenen Fertigungsstraße bauen 750 Mitarbeiter im Jahr rund 2000 Mercedes-Benz Unimog und 1000 Mercedes-Benz Econic, ein ebenfalls als Zweiwegefahrzeug verwendbares spezielles Lkw-Fahrgestell. Man ist hier in vielen Branchen zu Hause, wird der Unimog doch in sehr unterschiedlichen und oft extreme Anforderungen stellenden Einsatzfeldern genutzt, ob nun der neue U 20, die Geräteträger U 300, U 400 und U 500 oder die Modelle der Fahrgestelle der hochgeländegängigen Baureihe U 3000, U 4000 und U 5000. Neben Winterdienst und Grünflächenpflege und anderen Arbeiten im Garten- und Landschaftsbau haben sich die Unimog aus Wörth bei der Waldbrandbekämpfung, bei der Baumverpflanzung, beim Profilieren von Gräben und Bohren von Erdlöchern, Rangierarbeiten auf der Schiene oder bei Rettungsdiensten in unwegsamem Gelände bewährt. Das „Universal-Motor-Gerät“ gibt es nun seit 60 Jahren, mehr als 325 000 Einheiten sind bisher gebaut worden.
Bild: Daimler